Liesel trug den Sack.
Zu Hause wurde der Inhalt in einem Waschkessel neben dem Ofen gewaschen, vor dem Kamin im Wohnzimmer aufgehängt und dann in der Küche gebügelt. In der Küche, da fand das Leben statt. »Hast du das gehört?«, fragte Mama sie fast jeden Abend. Sie hielt das Bügeleisen, heiß vom Ofen, in der Hand. Das Licht im Haus war dämmrig, und Liesel starrte vom Küchentisch aus in die Lücken aus Flammen vor ihr. »Was?«, fragte sie.»Was denn?« »Das war diese Holzinger.«Mama stand kerzengerade da.»Dieses Saumensch hat gerade wieder gegen unsere Tür gespuckt.« Frau Holzinger war ihre Nachbarin, und sie hatte die Angewohnheit, jedes Mal die Tür der Hubermanns anzuspucken, wenn sie vorüberging. Die Haustür war ein paar Meter vom Tor entfernt, aber Frau Holzinger meisterte diese Distanz mit verblüffender Treffsicherheit. Das Spucken hatte seinen Ursprung in einem jahrzehntealten Krieg, den sie und Rosa Hubermann mit Worten ausfochten. Keiner wusste, was der Grund für die Feindseligkeiten war. Wahrscheinlich hatten es die beiden Frauen selbst längst vergessen. Frau Holzinger war eine drahtige Frau und ganz offensichtlich voller Bosheit. Sie war nie verheiratet gewesen, hatte aber zwei Söhne, die ein paar Jahre älter waren als die Kinder der Hubermanns. Beide Söhne waren in der Armee, und beide - das kann ich euch versichern -werden noch eine Rolle spielen, bevor alles vorbei ist, wenn auch eine kleine. Frau Holzinger war nicht nur boshaft, sondern auch sehr gründlich. Sie versäumte es nie, gegen die Tür von Nummer 33 zu spucken und»Schweine!«zu sagen, wenn sie vorbeiging. Das ist im Übrigen etwas, was mir bei den Deutschen aufgefallen ist: Sie scheinen Schweine sehr zu mögen.
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