Die Ruhe, die ihn umgab.
Als er an jenem Abend das Licht in dem kleinen, lieblos wirkenden Badezimmer einschaltete betrachtete Liesel die außergewöhnlichen Augen ihres Pflegevaters. Sie waren aus Freundlichkeit gemacht und aus Silber. Weiches Silber, schmelzend. Liesel sah diese Augen und begriff, dass Hans Hubermann sogar eine ganze Menge wert war. EIN PAAR WORTE ÜBER ROSA HUBERMANN Sie war 1,55 Meter groß und trug die braungrauen Strähnen ihres elastischen Haars zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengefasst. Um die Haushaltskasse aufzubessern, wusch und bügelte sie die Wäsche für fünf der wohlhabenderen Familien in Molching. Ihr Essen schmeckte scheußlich. Sie besaß das unglaubliche Talent, fast jeden, den sie traf, vor den Kopf zu stoßen. Aber sie liebte Liesel Meminger. Sie hatte nur einfach eine merkwürdige Art, diese Liebe zu zeigen. Ihre Art bestand darin, sie regelmäßig mit dem Kochlöffel und mit Beschimpfungen zu malträtieren. Als Liesel endlich ein Bad nahm - zwei Wochen nachdem sie in der Himmelstraße eingetroffen war -, nahm Rosa sie in die Arme und drückte sie so heftig, dass ihr die Knochen knackten. Während sie das Mädchen fast erstickte, sagte sie:»Saumensch, du dreckiges - das wurde aber auch Zeit!« Ein paar Monate später waren sie nicht mehr Herr und Frau Hubermann. Mit der ihr eigenen Arl warf Rosa Hubermann Liesel eines Tages eine Faustvoll Worte entgegen:»Jetzt hör mal zu, Liesel, von heute an nennst du mich Mama.«Sie dachte einen Moment lang nach.»Wie hast du deine richtige Mutter genannt?« Leise sagte Liesel:»Auch Mama.« »Na, dann bin ich jetzt Mama Nummer zwei.«Sie warf ihrem Ehemann einen Blick zu.»Und den da drüben.«Sie schien die Worte in ihrer Hand zu sammeln, sie zu einem Teig zu kneten und sie über den Tisch zu feuern.»Den Saukerl da, den nennst du Papa, verstanden?« »Ja«, nickte Liesel schnell. Schnelle Antworten wurden in diesem Haus geschätzt. »Ja, Mama«, korrigierte Mama sie.»Saumensch! Nenn mich Mama, wenn du mit mir redest!« In diesem Moment war Hans Hubermann mit dem Drehen seiner Zigarette fertig geworden, hatte das Papier abgeleckt und sie zwischen seinen Fingern glatt gerollt. Er schaute zu Liesel hinüber und zwinkerte ihr zu. Sie hatte keine Vorbehalte, ihn Papa zu nennen.
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