Und das war, als die Schlachten lediglich bei Tage ausgetragen wurden.
Sein Sohn war gegangen, und Hans Hubermann stand noch eine Weile da. Die Straße wirkte riesig. Als er wieder ins Haus kam, richtete Mama bloß ihren Blick an ihn, kein einziges Wort. Sie tadelte ihn mit keiner Silbe, was, wie ihr wisst, höchst ungewöhnlich war. Wahrscheinlich war sie der Meinung, dass es Strafe genug war, vom eigenen Sohn ein Feigling genannt zu werden. Nachdem das Abendessen verzehrt worden war, blieb er eine Weile still am Tisch sitzen. War er wirklich ein Feigling, wie es ihm sein Sohn so grausam vorgeworfen hatte? Im Ersten Weltkrieg hatte er sich selbst für einen gehalten. Er hatte diesem Umstand sein Überleben zugeschrieben. Andererseits: Ist das Eingeständnis der eigenen Angst tatsächlich Feigheit? Ist man ein Feigling, wenn man froh ist, am Leben geblieben zu sein? Seine Gedanken liefen kreuz und quer über die Tischplatte, die er unentwegt anstarrte. »Papa?«, sagte Liesel, aber er schaute sie nicht an.»Wovon hat er geredet? Was hat er damit gemeint, als er...« »Nichts«, antwortete Papa. Er sprach ruhig und leise, der Tischplatte zugewandt.»Es ist nichts. Vergiss ihn, Liesel.«Es dauerte etwa eine Minute, ehe er weitersprach.»Solltest du dich nicht langsam fertig machen?«Diesmal schaute er sie an.»Du musst doch zum Freudenfeuer, nicht wahr?« »Ja, Papa.« Die Bücherdiebin ging und zog ihre Hitlerjugend-Uniform an. Eine halbe Stunde später verließen sie das Haus in Richtung JM-Haus. Von dort aus sollten die Kinder in ihren Gruppen zum Marktplatz marschieren. Reden würden gehalten werden. Ein Feuer würde angezündet werden. Ein Buch würde gestohlen werden.
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