Liesel versuchte, an ihm vorbeizuschauen. Sie wollte nach Frau Holzinger rufen, aber der Mann verstellte ihr den Weg.
»Kind«, sagte er,»komm nachher wieder. Ich hole dich ab. Wo wohnst du?« Mehr als drei Stunden später klopfte es an die Tür von Nummer 33, und vor ihr stand der Mann. Die Kirschen aus Blut waren zu Pflaumen geworden. »Sie erwartet dich jetzt.« Draußen im diesigen grauen Licht konnte sich Liesel nicht beherrschen. Sie fragte, was mit seiner Hand passiert war. Er blies etwas Luft aus seinen Nasenlöchern, eine einzige Silbe, und dann antwortete er:»Stalingrad.« »Wie bitte?«Er hatte in den Wind hineingeschaut, als er das sagte.»Ich habe Sie nicht verstanden.« Er antwortete noch einmal, lauter, und jetzt gab er ihr eine ausführliche Erklärung.»Stalingrad ist mit meiner Hand passiert. Ich bekam eine Kugel in die Rippen, und drei meiner Finger wurden abgeschossen. Beantwortet das deine Frage?«Er stopfte die gesunde Hand in die Jackentasche und zitterte vor Verachtung über den deutschen Wind.»Du glaubst wohl, hier ist es kalt, was?« Liesel berührte die Wand neben sich. Sie konnte nicht lügen.»Ja, natürlich.« Der Mann lachte.»Das ist keine Kälte.«Er holte eine Zigarette hervor und steckte sie sich zwischen die Lippen. Einhändig versuchte er, ein Streichholz anzuzünden. Bei diesem ekelhaften Wetter wäre es schon mit zwei Händen schwierig gewesen, mit einer jedoch war es ein hoffnungsloses Unterfangen. Er ließ die Streichholzschachtel fallen und fluchte.
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