Substantivierte Wortgruppen
Eine Wortgruppe ist eine sinnvolle und grammatische Verbindung von Vollwörtern. Nach der Art der semantischen und formellen Verbindung der Komponenten innerhalb einer Wortgruppe unterscheidet man: 1. das Wortgefüge: seine Komponenten stehen im Verhältnis der Unterordnung (Subordination) zueinander. Die eine Komponente ist der anderen unterstellt. Formell wird die Unterordnung durch folgende Mittel angegeben: Kongruenz, Rektion, wobei man unmittelbare Rektion und präpositionale Rektion unterscheidet, Anschließung. Außerdem sind bei der Gestaltung der Wortgruppe die Wortfolge und die Tonführung maßgebend. Nach dem Leitglied, dem Kern des Wortgefüges, nennt man das Wortgefüge selbst: ein nominales Wortgefüge (ein substantivisches, ein adjektivisches), ein verbales Wortgefüge, ein adverbiales Wortgefüge u.a. 2. die Wortreihe: ihre Komponenten sind semantisch und formell gleichberechtigt. Sie sind durch Beiordnung (Koordination) miteinander verbunden. Als Bindemittel dienen beiordnende Konjunktionen: und, aber, doch u.ä. und die Tonführung. Beliebige Wortarten sind imstande, Wortreihen zu bilden. Substantivische Wortgefüge sind sehr verbreitet, sie können von großem Umfang sein und unterschiedliche Wortarten einschließen. Alle Begleiter und Ergänzungen des Substantivs sind es Attribute des Substantivs. Theoretisch kann man die Verbindung eines Substantivs mit den Worten aller Klassen zulassen: mit einem Substantiv, einem Adjektiv, einem Verb, einem Adverb, einem Pronomen, Zahlwort, sowie mit einer voran- und nachgestellten präpositionalen Gruppe. Auf solche Weise sind folgende Kombinationen möglich:
+* - möglich, aber wenig gebräuchlich G – Genetiv Im Russischen realisieren sich 100 Prozent theoretisch mögliche Kombinationen. Das wird durch die Wortfolge im Russischen zu erklären, die grammatisch irrelevant ist. Im Deutschen sind nur etwas mehr als 50 % möglich. Die Besonderheiten der Wortgefüge des dritten Typus sind die Tendenz zur Monoflexion, das erweiterte Attribut und ein nominaler Rahmen, den das zu bestimmende Substantiv mit seinem Begleitwort bilden. (Die Monoflexion ist das Prinzip der einmaligen Kasusangabe innerhalb einer substantivischen Wortgruppe. Für den Aufbau des erweiterten Attributs sind zwei Züge kennzeichnend: 1. die Einklammerung der komplexen Wortgruppe zwischen dem Begleitwort und dem zu bestimmenden Sustantiv 2. die regressive Richtung der Unterordnung: die Anglieder gehen dem Leitglied voran. Um den Sinn des erweiterten Attributs zu erfassen, muss man mit dem letzten Glied beginnen und von hinten nach vorne schreiten: (die auf ihren Sohn stolze Mutter) Im Russischen ist die Wortfolge innerhalb eines Wortgefüges anders: предложенный нашей делегацией перерыв, богатая полезными ископаемыми местность.
Typologische Charakteristik des einfachen Satzes.
Der typische deutsche Satz ist zweigliedrig. Die Zweigliedrigkeit äußert sich darin, dass der Satz sich aus zwei Hauptgliedern zusammensetzt – dem Subjekt und dem Prädikat. Die Beziehung zwischen ihnen, das sog. Subjekt – Prädikat - Verhältnis genannt, macht den Kern des Satzes aus. Im Russischen ist die Zweigliedrigkeit nicht obligatorisch. Im Russischen besteht die Möglichkeit die Aktanten wegzulassen. (Aktanten sind alles das Verb umgebende Elemente. Das Subjekt ist ein Aktant besonderer Art, es ist dem Verb nicht unterstellt. Die anderen Aktanten (Objekte, Adverbialien, Prädikatsattribute) gehören in den verbalen Bereich, sie treten als Ergänzungen des Verbs auf und bilden somit den Prädikatsverband.) Die Möglichkeit der Elliminierung der Satzglieder ist sehr begrenzt im Deutschen: z.B. Он знает об этом? – Да, знает. Weiß er davon? – Er weiß davon. Die Elliminierung des Subjekts ist z.B. nur in den Antworten für W-Fragen möglich: z.B. Was ist passiert? – Bin gestolpert. (nur umgangsprachlich) In den Nebensätzen darf das Subjekt nicht weggelassen werden. Unterschiedlich werden auch Prädikate ausgestaltet: Als Prädikat tritt im Deutschen immer Verbum finitum, im Russischen kann es auch ein Infinitiv sein: Быть грозе. Тебе этого не понять. (Es wird das Gewitter werden. Es kann zum Gewitter kommen.) Die Rahmenkonstruktion des deutschen Satzes.
Die man-Sätze und ihre Entsprechungen im Russischen. Die man-Sätze werden gewöhnlich als unbestimmt-persönliche Sätze betrachtet. Die Besonderheit dieser Struktur – man + Verb in der 3. Person Singular – besteht darin, dass sie nicht eindeutig in Bezug auf den Charakter des Handlungsträgers ist. Die man-Sätze können 2 Hauptbedeutungen haben: unbestimmt-persönliche und verallgemeindernde. Im ersten Fall ist der Agens unbekannt oder man will ihn nicht nennen. Die Aussage kann sich also auf einen nicht genau genannte Person oder auf mehrere Personen beziehen, was aus dem Kontext ersichtlich ist. Im zweiten Fall bezieht sich die Aussage auf jeden Menschen, also auf alle Menschen. Im Russischen werden diese Bedeutungen unterschiedlich wiedergegeben. So entsprechen einer dt. Struktur zwei russische: 1. unbestimmt-persönliche Sätze mit dem Prädikat, das durch das Verb in der 3. Person Plural augedrückt wird: z.B. Man erzählte mir ausführlich davon. Мне рассказывали об этом подробно. 2. verallgemeinert-persönliche Sätze mit dem Prädikat, das durch das Verb in Form der 2. Person Singular ausgedrückt wird. Dabei kann auch in einigen Fällen ein entsprechendes Pronomen als Subjekt verwendet werden: Wenn man Erfolg haben will, muss man tüchtig arbeiten. – Если хочешь добиться успеха, (ты) должен (нужно) хорошо работать.
Die man-Sätze haben noch eine Funktion. Sie werden als Synonyme zu den persönlichen Sätzen verwendet. „Man“ weist dann auf eine konkrete, bereits erwähnte Person hin. Das Pronomen man in der konkret-persönlichen Bedeutung berührt sich mit allen Personalpronomen. Je nach dem Kontext kann das Pronomen man durch ein beliebiges Personalpronomen ersetzt werden. Dabei geht mnatürlich die stilistische Wirkung der Verschleierung einer konkreten Person, der Verallgemeinerung oder der Typisierung verloren: Ich kann nicht schneller arbeiten. Man ist schließlich keine Rechenmaschine. (man = ich) Seine Sie (sei) doch vernünftig! Man ist ja ein intelligenter Mensch. (man = Sie, du)
Das Pronomen man wird aus verschiedenen Gründen den Personalpronomen vorgezogen: 1. für die Typisierung (Na du! Man klopft aber an, wenn man ein fremdes Zimmer betritt.) 2. als Sammelbegriff (Der Tumult war grenzenlos.. Man rief nach einem Arzt, nach der Polizei..) 3. für Verschleierung. Sie erfolgt entweder aus Bescheidenheit, oder aus dem Bestreben, eine unangenehme Tatsache von sich fern zu halten. (Danke, danke sehr. Man tut, was man kann; Tiefenbach rechnete Rainers Alter nach. Da wuchs einen neue Generation heran, während man selber...) 4. in der erlebten Rede (ersetzt man oft die 1.Person) 5. um die persönliche Meinung zu objektivieren (Wie man sieht, bist du mit zwei Zentren... genügend Verstand im Gefühl, genügend Gefühl im Verstand.) 6. um Ironie auszudrücken (Ah, es scheint, man ist missgelaunt!) 7. um gemütliche Teilnahme auszudrücken (Ist man mir böse?) 8. als Mittel der Ersparung, es ersätzt eine umständliche Aufzählung
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