Sie drehte sich um und stieg die Stufen mit normalen Schritten hinunter. Die letzten drei nahm sie mit einem einzigen Satz.
»Gehen wir, Saumensch!«Sie gestattete sich sogar ein Lachen. Die Paranoia einer Elfjährigen war mächtig. Die Erleichterung einer Elfjährigen war übermächtig. EIN DÄMPFER FÜR DIE ERLEICHTERUNG Sie war mitnichten davongekommen. Die Frau des Bürgermeisters hatte alles genau mit angesehen. Sie wartete nur auf den richtigen Zeitpunkt. Ein paar Wochen vergingen. Fußball auf der Himmelstraße. Das Schulterzucken zwischen zwei und drei Uhr jeden Morgen, nach dem Albtraum, oder am Nachmittag im Keller. Ein weiterer Gang zum Haus des Bürgermeisters - mit glücklichem Ausgang. Alles war herrlich. Bis. Bei Liesels nächstem Besuch im Haus des Bürgermeisters, diesmal ohne Rudi, der richtige Zeitpunkt gekommen war. Es war ein Abholtag. Die Frau des Bürgermeisters öffnete die Tür, und in ihrer Hand hielt sie nicht wie sonst den Wäschesack. Stattdessen trat sie zur Seite und bedeutete dem Mädchen mit ihrer kalkweißen Hand einzutreten. »Ich will nur die Wäsche abholen.«Liesels Blut war ihr in den Adern getrocknet. Es zerbröselte. Sie wäre beinahe auf der Treppe in Stücke gebrochen. Da sagte die Frau ihr erstes Wort zu Liesel. Sie streckte die Hand mit den kalten Fingern aus und sagte:»Warte.«Als sie sicher war, dass das Mädchen sich wieder gefasst hatte, drehte sie sich um und ging eilig ins Haus. »Gott sei Dank«, atmete Liesel aus.»Sie holt sie.«»Sie«war in diesem Fall die Wäsche.
|