Mit weit aufgerissenen Augen nickte Liesel zum Zeichen ihres Begreifens.
Die Szene sollte sich als Generalprobe zu einem Vortrag erweisen, den Hans Hubermann noch zu halten hätte, wenn später im Jahr, an einem frühen Novembermorgen, all seine schlimmsten Befürchtungen leibhaftig werden und in der Himmelstraße vor ihm stehen sollten. »Gut.«Er stellte sie auf die Füße.»Und jetzt üben wir...«Am Fuß der Stufen straffte sich Papas Gestalt, und er reckte den Arm in die Höhe. Exakt in einem Winkel von fünfundvierzig Grad.»Heil Hitler.« Auch Liesel stand auf und hob den Arm. Mit vollkommenem Elend in der Stimme wiederholte sie:»Heil Hitler.«Es war ein merkwürdiger Anblick - ein elfjähriges Mädchen, das vor einer Kirchentreppe stand und versuchte, nicht zu weinen, während sie dem Führer salutierte und im Hintergrund, über Papas Schultern hinweg, die Stimmen auf den dunklen Haufen einschlugen und -hackten. »Sind wir immer noch Freunde?« Etwa eine Viertelstunde später hielt Papa einen Olivenzweig in Form von Papier und Tabak in seiner Hand, aus der Ration, die er kürzlich erhalten hatte. Wortlos und mit düsterem Blick griff Liesel danach und rollte ihm eine Zigarette. Eine Weile saßen sie nebeneinander. Rauch kletterte über Papas Schulter. Nach weiteren zehn Minuten sollte sich eine Tür, die zum Diebstahl führte, einen Spaltbreit öffnen, und Liesel Meminger würde sie noch etwas weiter aufstoßen und sich hindurchzwängen.
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