DER KLANG DER SIRENEN
Von dem bisschen, das Hans im Sommer verdient hatte, kaufte er ein gebrauchtes Radio.»So erfahren wir«, sagte er,»wann die Luftangriffe kommen, noch bevor die Sirenen losgehen. Sie bringen im Radio einen Kuckucksruf und verkünden dann die Gebiete, die gefährdet sind.« Er stellte das Radio auf den Küchentisch und schaltete es ein. Sie versuchten es auch im Keller, wegen Max, aber dort hatten sie keinen Empfang, nur statisches Rauschen und verstümmelte Stimmen. Im September schliefen sie und hörten es nicht. Entweder funktionierte das Radio nicht mehr richtig, oder die Ankündigung wurde von dem kreischenden Klang der Sirenen verschluckt. Eine Hand schob sich sanft auf Liesels Schulter und weckte sie. Papas Stimme folgte, ängstlich. »Liesel, wach auf. Wir müssen gehen.« Liesel, aus dem Schlaf gerissen, war zuerst orientierungslos und konnte kaum die Konturen von Papas Gesicht erkennen. Das einzig Erkennbare war seine Stimme. Im Flur blieben sie stehen.»Wartet«, sagte Rosa. Sie eilten durch die Dunkelheit in den Keller. Die Lampe war angezündet. Max schob sich hinter den Farbeimern und Lumpen hervor. Sein Gesicht war müde, und er hakte die Daumen nervös in den Hosenbund.»Zeit zu gehen, was?« Hans trat zu ihm.»Ja, Zeit zu gehen.«Er schüttelte Max die Hand und klopfte ihm auf die Schulter.»Bis nachher, in Ordnung?« »Natürlich.«
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