Rosa umarmte ihn, genauso wie Liesel.
»Auf Wiedersehen.« Wochen vorher hatten sie darüber gesprochen, ob sie alle beisammen im eigenen Keller bleiben oder ob die Hubermanns und Liesel Zuflucht bei einer Familie namens Fiedler suchen sollten. Max traf die Entscheidung.»Sie sagen doch, dass der Keller als Luftschutzraum nicht geeignet ist. Ich habe euch schon genug in Gefahr gebracht.« Hans hatte genickt.»Es ist eine Schande, dass wir Sie nicht mitnehmen können. Eine himmelschreiende Schande.« »So ist es nun einmal.« Draußen heulten die Sirenen die Häuser an, und die Leute kamen herausgerannt, zögerten und schreckten zurück, weil sie ihr Zuhause nicht verlassen wollten. Die Nacht schaute zu. Einige Leute erwiderten den Blick und versuchten, die blechernen Flugzeuge ausfindig zu machen, die über den Himmel jagten. Durch die Himmelstraße zog sich eine Prozession durcheinanderlaufenden Menschen, die sich mit ihren Kostbarkeiten abplagten. Manchmal war es ein Baby. Manchmal ein Stapel Fotoalben oder eine Holzkiste. Liesel hatte ihre Bücher bei sich, zwischen ihrem Arm und ihren Rippen. Frau Holzinger schleppte mit hervorquellenden Augen und kleinen Schritten einen Koffer über den Bürgersteig. Papa, der alles vergessen hatte - sogar sein Akkordeon -, lief zu ihr und rettete den Koffer aus ihren Händen.»Jesus, Maria und Josef, was haben Sie denn da drin?«, fragte er.»Einen Amboss?« Frau Holzinger lief neben ihm her.»Nur das Nötigste.« Die Fiedlers wohnten sechs Häuser weiter. Sie waren zu viert, alle mit weizenfarbenem Haar und guten deutschen Augen. Wichtiger noch: Sie verfügten über einen geräumigen, tief ausgehobenen Keller. Zweiundzwanzig Personen drängten sich hinein, einschließlich der Familie Steiner, Frau Holzinger, Pfiffikus, einem jungen Mann und einer Familie namens Jenson. Im Interesse der Friedfertigkeit hielt man Rosa Hubermann und Frau Holzinger getrennt, obwohl es Situationen gab, die über kleinliche Streitereien erhaben waren. Eine Glühbirne baumelte von der Decke herab. Der Raum war feucht und kalt. Zerklüftete Wände neigten sich vor und stachen den Menschen, die herumstanden und sich unterhielten, in den Rücken. Der gedämpfte Klang der Sirenen drang von irgendwo herein. Obwohl dieser Umstand an der Qualität des Schutzraums zweifeln ließ, waren sie froh, dass sie doch wenigstens die drei Sirenentöne hören würden, die das Ende des Luftangriffs und damit ihre Sicherheit verkünden würden. Sie brauchten keinen Luftschutzwart. Es dauerte nicht lange, da entdeckte Rudi Liesel und stellte sich neben sie. Sein Haar deutete zur Decke.»Ist das nicht toll?« Sie konnte sich den Sarkasmus nicht verkneifen.»Es ist ganz großartig.« »Ach, komm schon, Liesel, sei doch nicht so. Was kann denn schon passieren, außer dass wir platt gewalzt oder gebraten werden oder was Bomben sonst noch so anstellen?« Liesel schaute sich um und spähte in die Gesichter. Sie erstellte eine Liste von denjenigen, die sich am meisten fürchteten.
|