Es war entschieden.
Ohne das Mädchen. »Also gut, dann ist es abgemacht.« »Mama?« »Ruhe, Saumensch. Geh, und hol das Buch.«Mama wandte sich wieder zu Frau Holzinger.»An welchen Tagen passt es denn?« »Montags und freitags, vier Uhr nachmittags. Und heute, gleich jetzt.« Liesel folgte den soldatischen Schritten zu Frau Holzingers Haus nebenan, das ein Spiegelbild der Hubermann'sehen Behausung war. Vielleicht etwas größer. Sie setzte sich an den Küchentisch, und Frau Holzinger nahm ihr gegenüber Platz.»Lies«, sagte sie. »Kapitel zwei?« »Nein, Kapitel acht. Natürlich Kapitel zwei! Jetzt fang schon an, bevor ich dich rauswerfe.«»Ja, Frau Holzinger.« »Und hör auf mit >Ja, Frau Holzinger<. Mach endlich das Buch auf. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Du lieber Gott, dachte Liesel. Das ist meine Strafe für das Stehlen. Jetzt hat sie mich schließlich doch noch ereilt. Sie las eine Dreiviertelstunde lang, und als das Kapitel beendet war, schob sich eine Tüte mit Kaffee auf den Tisch. »Danke«, sagte die Frau.»Es ist eine gute Geschichte.«Sie drehte sich zum Herd um und setzte Kartoffeln auf. Ohne sich umzublicken, sagte sie:»Bist du immer noch da?« Liesel verstand dies als Aufforderung, sich zu entfernen.»Danke schön, Frau Holzinger.«An der Tür sah sie die gerahmten Fotos von zwei jungen Männern in Uniform und warf ein»Heil Hitler«hinterher, wobei sie den Arm in Richtung Küche hob. »Ja.«Frau Holzinger war stolz und furchtsam. Zwei Söhne in Russland.»Heil Hitler.«Sie brachte das Wasser zum Kochen und raffte sich sogar auf, Liesel ein paar Schritte in Richtung Tür zu begleiten.»Bis morgen?« Der nächste Tag war ein Freitag.»Ja, Frau Holzinger. Bis morgen.« Liesel rechnete später aus, dass sie noch vier Mal zu Frau Holzinger ging und ihr vorlas, bis die Juden durch Molching getrieben wurden.
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