In Russland erlitten sie Niederlagen.
Deutsche Städte wurden zerbombt. Mehr Menschen wurden gebraucht, genauso wie Mittel und Wege, an sie heranzukommen, und in den meisten Fällen übertrug man die schlimmsten Aufgaben den schlimmsten Unruhestiftern. Während ihre Augen über das Papier flogen, konnte Liesel durch die eingedrückten Buchstabenlöcher die Holzplatte des Küchentischs sehen. Wörter wie Pflicht und Ehre waren in die Seite gehämmert. Speichel floss. Das Verlangen, sich zu übergeben.»Was ist das?« Papas Antwort war leise.»Ich dachte, ich hätte dich Lesen gelehrt, mein Mädchen.«Er sprach ohne Wut oder Sarkasmus. Es war die Stimme der Leere, die zu seinem Gesicht passte. Liesel schaute jetzt Mama an. Rosa hatte einen kleinen Riss unter ihrem rechten Auge, und innerhalb einer Minute durchzog er ihr Pappgesicht. Nicht bis zur Mitte, nur auf der rechten Seite. Er bohrte sich in einem Bogen die Wange hinab bis zum Kinn. ZWANZIG MINUTEN SPÄTER: EIN MÄDCHEN AUF DER HIMMELSTRASSE Sie schaut hoch. Sie spricht flüsternd.»Der Himmel ist heute so weich, Max. Die Wolken sind weich und traurig, und...«Sie wendet den Blick ab und verschränkt die Arme. Sie denkt an ihren Papa, der in den Krieg zieht, und packt rechts und links des Körpers ihre Jacke.»Und es ist kalt, Max. Es ist so kalt...« Fünf Tage später, als sie wieder einmal nach dem Wetter schaute, bekam sie keine Möglichkeit, in den Himmel zu blicken. Nebenan saß Barbara Steiner mit ordentlich gekämmtem Haar auf der Treppe. Sie rauchte eine Zigarette und zitterte. Liesel wollte zu ihr gehen, als Kurt aus dem Haus kam und sich zu seiner Mutter setzte. Sein Blick fiel auf das Mädchen. »Setz dich her, Liesel. Rudi kommt gleich.« Nach kurzem Zögern ging Liesel auf das Haus der Steiners zu.
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