Jetzt hatte er ihre volle Aufmerksamkeit.
Mama stellte die Wäsche auf den Tisch und raffte ein gutes Maß an Zynismus zusammen.»Was hast du gesagt?« »Du hast mich schon verstanden, Rosa.« »Was zum Teufel kannst du ihr schon beibringen?«Ein gefalztes Grinsen. Worte wie ein rechter Haken.»Als ob du so gut lesen könntest, du Saukerl.« Die Küche wartete. Papa schlug zurück.»Wir liefern auch die Wäsche für dich aus.« »Du dreckiger...«Sie verstummte. Die Worte fielen in ihren Mund zurück, und sie überlegte.»Ihr seid vor Sonnenuntergang wieder da.« »Im Dunkeln können wir sowieso nicht lesen«, sagte Liesel. »Was hast du gesagt, Saumensch?« »Nichts, Mama.« Papa grinste und zeigte mit dem Finger auf das Mädchen.»Buch, Sandpapier, Bleistift«, befahl er.»Und das Akkordeon!«, rief er ihr noch hinterher, als sie bereits davongesaust war. Schon bald waren sie draußen auf der Himmelstraße und trugen bei sich die Wörter, die Musik und die Wäsche. Auf ihrem Weg zu Frau Lindners Eckladen drehten sie sich ein paar Mal um und schauten nach, ob Mama noch am Tor stand und sie beobachtete. Sie tat es. Einmal rief sie ihnen zu:»Liesel, halt die Wäsche ordentlich! Mach bloß keine Knitter rein!« »Ja, Mama!« Ein paar Schritte später:»Liesel, bist du auch warm genug angezogen?«»Was hast du gesagt?« »Saumensch, dreckiges! Du hörst mir nie zu! Bist du warm genug angezogen? Es könnte kühl werden.« Als sie um die Ecke gebogen waren, bückte sich Papa, um sich die Schnürsenkel zu binden.»Liesel«, sagte er,»könntest du mir eine Zigarette drehen?« Nichts hätte ihr größere Freude bereitet. Nachdem die Wäsche ausgeliefert war, machten sie sich auf den Weg zur Amper, dem Fluss, der sich an der Stadt vorbei in Richtung Dachau schlängelte, wo sich das Konzentrationslager befand. Etwa dreißig Meter von einer Holzbrücke entfernt setzten sie sich ins Gras, schrieben Worte und lasen sie laut vor, und als sich die Dunkelheit näherte, holte Hans das Akkordeon hervor. Liesel schaute ihn an und hörte zu, wobei sie nicht sofort den verblüfften Ausdruck bemerkte, der an diesem Abend auf dem Gesicht ihres Papas lag, während er spielte.
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