Papa wusste, was er sagen musste. Das wusste er immer.
Er fuhr sich mit der Hand durch das schläfrige Haar und sagte:»Eines musst du mir versprechen, Liesel. Wenn ich demnächst sterben sollte, sorg dafür, dass ich richtig beerdigt werde.« Sie nickte mit einem Ausdruck größter Ernsthaftigkeit. »Du wirst nicht zulassen, dass etwa Kapitel 6 übersprungen wird oder Punkt 4 in Kapitel 9, nicht wahr?«Er lachte, genauso wie die Bettnässerin.»Dann ist es also abgemacht. Fangen wir an.« Er suchte sich eine bequeme Position, sodass seine Knochen knackten wie nervöse Holzdielen.»Los geht's.« Die Dunkelheit der Nacht vertiefte das Schwarz des Einbands. Das Buch öffnete sich - ein Windstoß. Rückblickend wusste Liesel ganz genau, was ihr Papa dachte, als er das Handbuch für Totengräber durchblätterte. Er erkannte, wie schwierig der Text war und wie wenig geeignet für ihr Vorhaben. Da standen Worte, mit denen sogar er Probleme hatte. Ganz zu schweigen von dem düsteren Thema des Buchs. Das Mädchen andererseits empfand ein solches Verlangen zu lesen, dass sie nicht einmal versuchte, diesen Umstand zu begreifen. Vielleicht wollte ein Teil von ihr sicher sein, dass ihr Bruder richtig begraben worden war. Doch was immer der Grund war, ihr Hunger nach diesem Buch war so heftig, wie ihn ein zehnjähriges Kind nur empfinden konnte. Kapitel 1 hieß:»Der erste Schritt: Die Wahl der geeigneten Gerätschaften«. In einer kurzen Einführung wurden die Utensilien vorgestellt, die auf den nächsten zwanzig Seiten genauer erklärt werden würden. Verschiedene Arten von Schaufeln, Spitzhacken, Handschuhen und so weiter wurden erwähnt, gefolgt von der Ermahnung, alles stets in Ordnung zu halten. Die Totengräberei war ein ernstes Geschäft. Während Papa die Seiten umblätterte, spürte er Liesels Augen auf sich ruhen. Sie packten ihn, warteten auf etwas, irgendetwas, das von seinen Lippen fiel. »Hier.«Er veränderte erneut seine Sitzposition und reichte ihr das Buch.»Schau dir diese Seite an, und sag mir, wie viele Worte du lesen kannst.«
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