Nur noch ein Keller. Nur noch ein Jude.
Es war Nachmittag. Liesel kam die Kellertreppe herunter. Max hatte die Hälfte seiner Liegestütze absolviert. Sie schaute eine Weile zu, ohne dass er sie bemerkte. Dann trat sie vor und setzte sich zu ihm. Er stand auf und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.»Habe ich dir schon von meinem neuen Traum erzählt?«, fragte er sie. DER NEUE TRAUM: EIN PAAR NÄCHTE SPÄTER Liesel rückte ein wenig zur Seite, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Aber diesen träume ich, wenn ich wach bin.«Er deutete auf die glutlose Kerosinlampe.»Manchmal mache ich das Licht aus. Dann stehe ich da und warte.« »Auf was?« »Nicht auf was. Auf wen.« Ein paar Augenblicke sagte Liesel nichts. Es war eines jener Gespräche, bei denen zwischen den ausgesprochenen Sätzen etwas Zeit vergehen musste.»Auf wen wartest du?« Max rührte sich nicht.»Auf den Führer.«Er sagte es ohne jegliche Leidenschaft.»Das ist der Grund, warum ich trainiere.« »Die Liegestütze?« »Richtig.«Er ging zur Treppe.»Jede Nacht warte ich im Dunkeln, und der Führer kommt diese Stufen herab. Er kommt zu mir, und dann kämpfen wir, er und ich. Stundenlang.« Liesel war aufgestanden.»Und wer gewinnt?« Zuerst wollte er ihr sagen, dass niemand gewinnen würde, aber dann fiel sein Blick auf die Farbeimer, die farbbeklecksten Lumpen und den anwachsenden Stapel aus Zeitungen. Er betrachtete die Worte an den Wänden, das Wolkenseil und die Gestalten darauf. »Ich«, sagte er. Es war, als hätte er seine Hand geöffnet, ihr die Antwort überreicht und seine Hand dann wieder geschlossen. In Molching, Deutschland, standen zwei Menschen unter der Erde und unterhielten sich. Es klingt fast wie der Anfang eines Witzes: »Ein Jude und ein Deutscher stehen in einem Keller. Sagt der Jude...«
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