DER INHALT VON MAMAS STIMME
»Was, wenn er nicht mehr aufwacht? Was, wenn er hier stirbt, Hansi? Sag's mir. Was in Gottes Namen sollen wir mit der Leiche machen? Wir können ihn nicht hierlassen. Der Gestank bringt uns um. Und wir können ihn nicht hinaustragen und durch die Straße schleppen. Wir können nicht einfach sagen: Ihr werdet nie erraten, was wir heute Morgen in unserem Keller gefunden haben. Die holen uns weg.« Sie hatte völlig recht. Eine jüdische Leiche war ein großes Problem. Die Hubermanns mussten Max wiederbeleben, nicht nur um seinetwillen, sondern auch um ihretwillen. Selbst Papa, der stets ruhig blieb, fühlte die Anspannung. »Hör zu.«Seine Stimme war leise, aber schwer.»Wenn es passiert - wenn er stirbt -, dann müssen wir einfach einen Weg finden.«Liesel glaubte, ihn schlucken zu hören. Ein Würgen, als hätte er einen Schlag gegen die Luftröhre bekommen.»Mein Karren. Ein paar Lumpen...« Liesel kam in die Küche. »Nicht jetzt, Liesel.«Es war Papa, der das sagte, wobei er sie nicht anschaute. Er betrachtete sein verformtes Gesicht in der Rückseite eines Löffels. Seine Ellbogen bohrten sich in die Tischplatte. Die Bücherdiebin trat nicht den Rückzug an. Sie machte ein paar Schritte nach vorn und setzte sich hin. Ihre kalten Hände tasteten nach ihren Ärmeln, und sie ließ einen Satz aus ihrem Mund fallen.»Noch ist er nicht tot.«Die Worte landeten auf dem Tisch und schoben sich in die Mitte. Alle drei schauten sie an. Leise Hoffnung, die nicht höher zu steigen wagte. Noch ist er nicht tot. Noch ist er nicht tot. Rosa sprach als Nächste. »Wer hat Hunger?« Die einzige Zeit, in der Max' Krankheit nicht schmerzte, war während des Essens. Diese Tatsache ließ sich nicht leugnen, am allerwenigsten, wenn die drei am Küchentisch saßen, mit einer Extraportion Brot, Suppe oder Kartoffeln. Sie alle dachten es, aber keiner sprach es aus. In der Nacht, nur wenige Stunden später, wachte Liesel auf und wunderte sich, wieso ihr Herz im Himmel hing. (Diesen Ausdruck hatte sie aus dem Traumträger gelernt, der das vollkommene Gegenteil des Pfeifers war - es ging um einen verlassenen Jungen, der Priester werden wollte.) Liesel setzte sich auf und saugte tief die Nachtluft ein. »Liesel?«Papa drehte sich um.»Was ist los?« »Nichts, Papa. Alles in Ordnung.«Doch in dem Moment, in dem sie den Satz aussprach, sah sie vor sich, was in ihrem Traum geschehen war.
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