Max, der ihrem Blick folgte, betrachtete ebenfalls das Buch.
»Ist es?«, flüsterte sie. In ihrer Stimme lag eine merkwürdige Strähne, abgezogen und zusammengerollt in ihrem Mund. Der Jude schob lediglich seinen Kopf ein wenig näher an sie heran.»Wie bitte?« Sie reichte ihm die Erbsensuppe und ging wieder hinauf, mit Röte auf den Wangen und Hitze im Gesicht und dem Gefühl, einen Narren aus sich gemacht zu haben. »Ist es ein gutes Buch?« Sie übte im Badezimmer, was sie hatte sagen wollen, sprach die Worte in den kleinen Spiegel hinein. Der Geruch von Urin hing immer noch an ihr, weil Max, kurz bevor sie nach unten gekommen war, den Farbeimer benutzt hatte. So ein Gestank, dachte sie. Kein Urin riecht so gut wie der eigene. Die Tage humpelten dahin. Jeden Abend, bevor sie in den Schlaf sank, hörte sie Mama und Papa in der Küche darüber reden, was getan worden war, was sie gerade taten und was sie als Nächstes zu tun gedachten. Die ganze Zeit über stand das Bild von Max vor ihrem geistigen Auge. Es waren immer die verletzte, dankbare Miene und die sumpfigen Augen. Nur ein Mal kam es in der Küche zu einem Ausbruch. Papa. »Ich weiß!« Seine Stimme war barsch, aber er zügelte sie rasch zu einem gedämpften Flüstern. »Ich muss weiter hingehen, wenigstens ein paar Mal in der Woche. Ich kann nicht die ganze Zeit hier sein. Wir brauchen das Geld, und wenn ich aufhöre zu spielen, werden sie misstrauisch. Möglicherweise wundern sie sich, warum ich nicht mehr komme. Letzte Woche habe ich gesagt, du wärst krank, aber jetzt müssen wir wieder so weitermachen wie bisher.«
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