Liesel.
Seine Seele flüsterte ihren Namen, während ich ihn forttrug. Aber in diesem Haus gab es keine Liesel. Jedenfalls nicht für mich. Für mich war nur eine Rosa da, und ja, ich glaube tatsächlich, dass ich sie mitten im Schnarchen hochhob, denn ihr Mund war halb geöffnet, und ihre rosafarbenen Papierlippen waren mitten in der Bewegung verharrt. Wenn sie mich gesehen hätte, hätte sie mich vermutlich»Saukerl«genannt, und ich hätte es ihr nicht übel genommen. Später, nachdem ich Die Bücherdiebin gelesen hatte, wusste ich, dass sie jeden so nannte. Saukerl. Saumensch. Besonders diejenigen, die sie liebte. Ihr elastisches Haar war gelöst. Es rieb gegen das Kissen, und ihr schrankförmiger Körper hatte sich mit dem Schlag ihres Herzens gehoben. Und seid versichert, diese Frau hatte tatsächlich ein Herz, und zwar ein größeres, als die meisten Leute vermutet hätten. Da war eine Menge drin, aufgestapelt, meterhoch auf verborgenen Regalen. Erinnert euch, dass sie die Frau war, die mit dem Akkordeon am Körper in jenen langen Mondspaltennächten auf dem Bett gesessen hatte. Sie war die Frau, die einen Juden durchgefüttert hatte, ohne auch nur eine einzige Frage zu stellen, nicht in der ersten Nacht und auch nicht danach. Und sie war eine Frau, die mit ausgestrecktem Arm tief in eine Matratze hineingegriffen hatte, um einem jungen Mädchen ein Skizzenbuch zu geben. DAS LETZTE GLÜCK Ich ging von einer Straße zur anderen und kehrte wegen eines einzigen Mannes namens Schultz noch einmal in die Himmelstraße zurück. Er hatte es in dem zusammengefallenen Haus nicht aushalten können, und ich trug seine Seele die Himmelstraße entlang, als ich bemerkte, wie die Männer von der LSE anfingen zu schreien und zu lachen.
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