Sie wandten sich in unterschiedliche Richtungen, unter den Sparren aus Zweigen und dem hohen Dach aus Baumkronen hindurch.
»Nicht stehen bleiben, Liesel!«»Was ist mit den Rädern?«»Scheiß auf die Räder!« Sie rannten, und nach etwa hundert Metern rückte ihnen der geduckte Atem des Soldaten auf den Pelz. Er überholte Liesel, und sie wartete auf die dazugehörige Hand. Sie hatte Glück. Alles, was sie traf, war ein Stiefeltritt in den Hintern und eine Faustvoll Worte:»Renn weiter, Mädchen, du hast hier nichts verloren!«Sie rannte und rannte, etwa einen Kilometer weit. Zweige zerschnitten ihre Arme, Tannenzapfen rollten vor ihre Füße, und der Geschmack von Weihnachtsbäumen legte sich auf ihre Lunge. Etwa eine Dreiviertelstunde war vergangen, als sie zurückkehrte. Rudi saß neben den rostigen Rädern. Er hatte den Rest des Brotes zusammengeklaubt und kaute nun auf den trockenen Krusten herum. »Ich hab dir doch gesagt, dass du nicht zu nah rangehen sollst«, sagte er. Sie drehte sich um und präsentierte ihm ihr Hinterteil.»Habe ich da einen Stiefelabdruck?« DAS VERSTECKTE SKIZZENBUCH Ein paar Tage vor Weihnachten kam der nächste Luftangriff, doch Molching blieb verschont. Der Radiosprecher erklärte, dass die meisten Bomben auf unbewohntem Land niedergegangen waren. Bedeutsamer als diese Tatsache war die Stimmung im Keller der Fiedlers. Nachdem alle eingetroffen waren, setzte man sich mit ernsten Mienen nieder und wartete. Alle schauten Liesel auffordernd an.
|